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Hilfsbereitschaft

Offene Türen für Kriegsflüchtlinge in evangelischen Gemeinden

Bildquelle: gettyimages, tortoon, Imme Rieger, Dek. RhgTsPlatz für Geflüchtete aus der UkraineAuch evangelische Kirchengemeinden unterstützen Geflüchtete aus der Ukraine mit großem Engagement

Geflüchtete aus der Ukraine sind auch in Hessen-Nassau angekommen. In den Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen engagieren sich zahlreiche Ehren- und Hauptamtliche dafür, Wohnraum bereit zu stellen. Dabei gehören der Seelsorgebedarf der Geflüchteten, organisatorische Aufgaben und die Überwindung von Sprachbarrieren zu den Herausforderungen, die gemeistert werden. Vor Alleingängen wird allerdings gewarnt.

[Von Nils Sandrisser, ESZ, epd, ys, bon red.] In den vergangenen Wochen haben sich Schülerinnen und Schüler des Laubach-Kollegs ins Zeug gelegt. Gemeinsam mit der Haustechnik haben sie Räume im stillgelegten Wohnheim der Schule in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau renoviert, gestrichen, Betten bezogen und Sachspenden – vom Besteck bis zum Fernseher – zusammengetragen. Am Montag war es dann so weit. Vier Familien, die aus der Ukraine geflohen waren, haben hier fürs Erste eine Bleibe gefunden. Sie hatten zuvor im Jugendgästehaus in Laubach gewohnt. Dort ist Platz für 80 Menschen, aber nur als Übergang. Die Laubacher Kirchengemeinde vermittelt Flüchtlinge in dauerhafte Unterkünfte.

Ehrenamtliches Engagement als Motor

„Hier läuft alles gut, aber mit viel Aufwand“, berichtet Jörg Niesner. Er ist Pfarrer der Kirchengemeinde in der mittelhessischen Kleinstadt. „Wir bieten unsere kirchlichen Netzwerke an, um weitere Helferinnen und Helfer zu gewinnen und anschließend die ehrenamtliche Arbeit zu koordinieren“, sagt er. „Die Leute sind engagiert und bringen sich ein.“ Das gelte sowohl für die Ehrenamtlichen als auch für die Flüchtlinge selbst, die nicht nur passiv bleiben wollten. Sie erstellten eigenständig Pläne für Putz- und Küchendienste. „Hier steht ständig jemand draußen mit dem Besen in der Hand“, schildert der Pfarrer.

Flüchtlinge kommen im Wormser Dekanatshaus unter

So wie in Laubach kümmert sich die Kirche gerade vielerorts um Aufnahme für geflohene Menschen aus der Ukraine. „Die Hilfsbereitschaft, die wir gerade erleben, macht mir Hoffnung“, sagt Jutta Herbert, Dekanin im Dekanat Worms-Wonnegau. Auch ihr Dekanat beteiligt sich an den Unterstützungsmaßnahmen. Eine Wohnung in der Wormser Seminariumsgasse, wo sich auch die Dekanatsverwaltung befindet, wurde bereits zur Verfügung gestellt und von der Stadt Worms mit dem Nötigsten ausgestattet. „Der Eilbeschluss durch den Dekanatssynodalvorstand war einstimmig und schon nächste Woche kommt eine Familie zur Besichtigung“, sagt Präses Alexander Ebert. Auch die Pfarrwohnung der Wormser Magnusgemeinde, die seinerzeit von der Dekanin bewohnt wurde, soll Geflüchteten aus der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Noch fehlt der Beschluss des Kirchenvorstands.

Rheinhessen öffnet Pfarrhäuser für Geflüchtete

Das bislang leer stehende Pfarrhaus in Dittelsheim-Heßloch beherbergt bereits Flüchtlinge, und in Westhofen ist eine Familie in die obere Etage des Pfarrhauses eingezogen. Auch in Hamm steht das Pfarrhaus nach einem Beschluss des Kirchenvorstands Geflohenen zur Verfügung. Andere mögliche Unterkünfte werden noch geprüft.

Niedersselbach krempelt Ärmel hoch 

Auch in weiteren Regionen der EKHN haben sich Türen für Geflüchtete aus der Ukraine geöffnet.  So wurde das leerstehende Pfarrhaus in Niederseelbach im Dekanat Rheingau-Taunus binnen kürzester Zeit so eingerichtet, damit drei Erwachsene, eine Jugendliche, ein Kind sowie eine Katze schon jetzt darin wohnen können. Dafür wurden eine Küche, Betten, MatratzenBettzeug, Bettwäsche, Tische, Stühle, Lampen, Schränke, Geschirr, Gläser, Besteck, Töpfe und Pfannen eine Waschmaschine und einiges mehr gespendet. „Die Familie ist sehr dankbar für die Unterstützung, die sie von unserer Gemeinde und allen Spendern und Helfern bekommen“, berichten Dorothea und Lyle Glass, die die Flüchtlinge vor Ort betreuen.

Friedensgebläse und mehr in Lang-Göns

Auch in Lang-Göns bei Gießen wird Gastfreundschaft signalisiert. Um Menschen aus der Ukraine die Möglichkeit zu geben eine Unterkunft zu finden, wurde der Verkauf des evangelischen Pfarrhauses in der Holzheimer Straße gestoppt. Stefanie Dörr, die Vorsitzende des Kirchenvorstands betont: „Es ist uns ein Anliegen, damit auch ein klares Signal zu setzen, dass die Kirche im Ort etwas tut, und dass wir das, was wir tun, gerne tun.“ Auch hier wurde Mobiliar organisiert und in die Räume transportiert. Gleichzeitig erklingt in dem Ort dreimal die Woche das „Friedensgebläse“ des evangelischen Posaunenchores. Leiter Frank Seitz will nicht eher damit aufhören, bis der Krieg in der Ukraine beendet ist. 

Oberroßbach räumt im Gemeindehaus 

Weitere Kirchengemeinden sind aktiv, wie beispielsweise die Kirchengemeinde Oberroßbach, ein Stadtteil von Haiger. Sie hat zwölf Geflüchtete in ihrem Gemeindehaus beherbergt. Auf Initiative eines Konfirmanden und dessen Mutter, die aus der Ukraine stammt, habe der Kirchenvorstand einer Unterbringung sofort zugestimmt, sagt Pfarrer Jonas Schmidt. Vier Frauen, acht Kinder und ein Dackel seien zuerst im Gemeindehaus bekocht und auf Matratzen untergebracht worden. Inzwischen habe die Stadt Haiger Wohnungen für alle gefunden.

Plötzlich war ganze Eckertshausen dabei 

Pfarrerin Tanja Langer aus der Kirchengemeinde Eckartshausen bei Büdingen wollte zunächst wegen ihres großen Pfarrgartens nur Tiere von Geflüchteten aufnehmen. Wenig später sah sie sich im Epizentrum von Hilfsaktionen, die den gesamten Ort erfassten. Im Ortsbeirat wurde ein Gremium aus kommunalen, kirchlichen und vereinsengagierten Menschen gebildet mit dem Ziel, die Hilfe zu Unterbringung besser zu koordinieren. Dazu gehörte auch ein Aufruf in der Facebook-Gruppe des Ortes, in der die Pfarrerin gezielt um Spenden von Einrichtungsgegenständen bat. „Die Hilfe war überwältigend“. Langer: „Eine tolle Dorfgemeinschaft, die ihre Kräfte bündelt, wenn es nötig ist. Ich bin sehr stolz, Teil davon zu sein.“ Jetzt sind vier Flüchtlingsfamilien dabei, in dem Tausend-Seelen-Ort eine sichere, neue Heimat zu finden.

Landeskirche öffnet Tagungshäuser

Auch die EKHN öffnet ihre Häuser. Im Kloster Höchst und in der Jugendburg Hohensolms würden in den kommenden Wochen mehr als 160 Übernachtungsplätze bereitgestellt, sagt die EKHN. Die ersten Gäste aus der Ukraine kamen bereits Ende März in Höchst an. In Hohensolms sei die Belegung nach den Worten der EKHN im April vorgesehen. Die Hilfsaktion ist zunächst für mindestens sechs Monate ausgelegt.

Themen-Special zum Ukraine-Krieg

[Nils Sandrisser, ESZ, epd, ys, bon red.]

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