Menümobile menu

Gemeindeversammlung zur Unterbringung von Flüchtlingen in Schönberg

Zwischen Ängsten und Aktionen

Foto GentheGemeindeversammung am 20.7.2014Soll die Stadt Kronberg 50 Flüchtlinge im leerstehenden Übernachtungshaus des ehemaligen Religionspädagogischen Studienzentrums unterbringen, fragte Axel Gollnick, der Vorsitzende des Kirchenvorstands der Evangelischen Markus-Gemeinde.

Soll die Stadt Kronberg einen Teil der Flüchtlinge, die kommen werden, im leerstehenden Übernachtungshaus des ehemaligen Religionspädagogischen Studienzentrums (RPZ) in Schönberg unterbringen? Diese Frage stellte Axel Gollnick, der Vorsitzende des Kirchenvorstands der Evangelischen Markus-Gemeinde auf einer Gemeindeversammlung am 20. Juli.

Hans GentheRPZ BettenhausDas leerstehende Übernachtungshaus des ehemaligen Religionspädagogischen Studienzentrums könnte eine Bleibe für 50 Flüchtlinge werden.

Dem Kirchenvorstand sei es „sehr, sehr wichtig“ vor einer eigenen Stellungnahme eine Gemeindeversammlung abzuhalten. Und Gollnick lud zum „konstruktiven und aufrichtigen Austausch“ ein. Er erinnerte daran, dass das Übernachtungshaus wie auch die Villa der Landeskirche der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) gehörten und die Kirchengemeinde Nachbarin sei wie andere auch.

Schon bald zeichneten sich in der zweistündigen Versammlug in der vollbesetzten Kirche zwei Gruppen ab, die einen, die einer Aufnahme zustimmten und eigene positive Erfahrungen beisteuern konnten, und die anderen, die von ihren Ängsten und Befürchtungen sprachen. In geordneter Weise konnten Befürworter wie Gegner ihre Argumente vortragen und wurden nur selten von Zwischenrufen unterbrochen.

Ein Nachbar, der offenbar einen größeren Kreis von Anwohnern hinter sich hatte, fragte nach dem Sicherheitskonzept und wies auf die beiden benachbarten Kindertagesstätten wie auf die Schule hin. Auch fragte er nach der Eignung des Gebäudes. Ein anderer übergab Bürgermeister Klaus Temmen einen Brief, der von 79 Anwohnern unterzeichnet war. „Ich habe Bedenken, ich habe drei kleine Kinder.“ Und er schlug vor, die Flüchtlinge besser im Industriegebiet unterzubringen und „nicht im reinen Wohngebiet, wo tagsüber nur Frauen und Kinder sind“. Eine sehr nah lebende Nachbarin sagte, sie habe Angst vor den jungen Männern, die dort hinkämen. Andere befürchteten einen Wertverlust ihrer Grundstücke und Häuser.

Katrin Hechler, die Kreisbeigeordnete des Hochtaunuskreises, versprach: „ Es wird kein reines Männerwohnhaus geben.“ Und sie sicherte eine hauptamtliche Betreuung zu, nach Möglichkeit in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk. Gerade am Anfang sei eine intensive Betreuung sehr wichtig. Neben den notwendigen Deutschkursen nannte sie auch ganz lebenspraktische Dinge wie die Bedienung eines Elektroherdes und den öffentlichen Personennahverkehr. „Der hohe Standard des Hauses wird den Menschen gut tun.“ Da jedes Zimmer ein eigenes Bad habe, könne man gerade hier Frauen sehr gut unterbringen. Und die Kreisbeigeordnete sprach von einer „Win-Win-Situation“. Viele werden ganz schnell zu Nachbarn werden.“

Bürgermeister Klaus Temmen erklärte seinen guten Willen, die 91 Menschen, die der Landkreis zuweise, in Kronberg aufzunehmen, aber „wir bekommen keine 90 Menschen in dieser Stadt in Wohnungen unter“.  Die Alternative eines „Containerdorfs“ nannte er „die schlechteste aller Möglichkeiten“. Nur für acht Flüchtinge habe man bis jetzt Wohnungen finden können. „Wir sind in allen Stadtteilen unterwegs.“ Er deutete an, dass in der Dieselstraße 5 in Oberhöchstadt eine Unterkunft entstehen könnte, aber der Stanbort sei nicht unbedingt geeignet. Und er wies auf den Arbeitskreis Flüchtlinge hin, der sich gerade gründe. Schon bald kümmere sich dieser um Fragen von Wohnen, Sprache und Bildung.  

Von der Darmstädter Kirchenverwaltung war Oberkirchenrat Markus Keller angereist, der zunächst erklärte, warum das Gebäude schon seit anderthalb Jahren leersteht. Baurechtlich sei das Gelände als „kirchliches Sondergebiet“ ausgewiesen, was sowohl Wohnnutzung als auch gewerbliche Nutzung von vorn herein ausschließe. Unter diesem Vorbehalt sei die Villa Spieß 1962 an die EKHN verkauft worden. Verschiedene Interessenten hätten sich gemeldet wie eine Privatschule, eine psychosomatische Klinik oder eine Stiftung für behinderte Kinder. Entweder habe die Verkehrslage nicht gepasst, das Sicherheitskonzept habe nicht ausgereicht oder die räumliche Verquickung mit der Kirchengemeinde im Tagungshaus sei nicht praktikabel gewesen. „Es muss vor Ort passen“, lautete sein Resümee. 44 Appartments seien für 50 Personen geeignet.

„Sie können mich anrufen wenn es Probleme gibt“, riet Gemeindepfarrer Jochen Kramm den Skeptikern. Als nächter Nachbar hätte er beste Sicht auf das Haus. Die jetzige Verlassenheit des Gebäudes sei nicht wünschenswert. „Wenn Sie Menschen integrieren wollen, brauchen Sie Menschen, die in ihrer Nähe wohnen“, ergänzte Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer. Die Königsteiner Pfarrerin berichtete von dem „total überraschenden Zuspruch“ des Freundeskreises für Flüchtlingshilfe in Königstein, von Evangelischen, von Katholiken und auch von Menschen, die nicht der Kirche angehörten. Unter den Königsteiner Flüchtlingen seien auch Familien mit Kindern. Man kümmere sich darum, dass alle Menschen einen Deutschkurs bekommen. „Die Leute lernen Deutsch.“

Informationen zu den verschiedenen Initiativen zur Flüchtlingshilfe zeigt die Internetseite www.fluechtlingshilfe-htk.de


Diese Seite:Download PDFDrucken

to top