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Statement zum Integrationsgesetz

Pro-Asyl: „Integrationsgesetz atmet Geist des Misstrauens“

Jacob Ammentorp Lund/istockphoto.com

Der Bundestag hat am 7. Juli das Integrationsgesetz der großen Koalition verabschiedet. Pro-Asyl-Vorsitzender Andreas Lipsch hat das Gesetz im Vorfeld beurteilt.

Lea BiskupDer interkulturelle Beauftragte der EKHN Andreas Lipsch auf der Synode

Der Pro-Asyl-Vorsitzende Andreas Lipsch hält das von der Bundesregierung vorgelegte Integrationsgesetz für halbherzig. „Wir begrüßen die Maßnahmen, die die Integration erleichtern“, sagte Lipsch dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Aber schwierig ist, dass das Gesetz einen Geist des Misstrauens atmet.“ So werde die Frist bis zur Niederlassungserlaubnis künftig von den Deutschkenntnissen und dem Einkommen abhängig gemacht. Das Gesetz steht am 7. Juli im Bundestag zur Abstimmung an.

 Es ist nach den Worten von Lipsch sinnvoll, Flüchtlinge während einer Ausbildung nicht abzuschieben. „Aber wir hätten statt einer bloßen Duldung einen Aufenthaltstitel erwartet, der das Recht auf Integrations- und Sprachkurse gewährt hätte“, sagte der Interkulturelle Beauftragte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und der Diakonie Hessen. Außerdem ändere das Gesetz die Diskriminierung nicht, dass nur Flüchtlinge mit „guter Bleibeperspektive“, also derzeit aus den Ländern Syrien, Irak, Iran und Eritrea, schon vor der Anerkennung einen Integrations- und Sprachkurs des Bundes besuchen dürfen.

Leistungskürzungen unter der Grundsicherung

Es sei nicht nachvollziehbar, dass die anderen Flüchtlinge, etwa aus Afghanistan und Somalia, vor Annahme ihres Antrags und während ihres Anerkennungsverfahrens davon ausgeschlossen bleiben. „Die werden ein bis zwei Jahre lang geparkt und dürfen sich nicht integrieren“, sagte Lipsch. Das Gesetz drohe mit Leistungskürzungen bis unter das Grundsicherungsniveau, wenn sich Flüchtlinge einem Integrationskurs verweigern. Das in den Beratungsstellen zutage tretende Problem sei aber ein ganz anderes: „Viele wollen die Kurse machen, können es aber mangels Plätzen nicht oder dürfen es nicht“, sagte Lipsch.

Netzwerke helfen bei Integration

Der Pro-Asyl-Vorsitzende kritisierte auch die vorgesehene Wohnsitzauflage, die die Ballung von einzelnen Nationalitäten an bestimmten Orten verhindern soll. Flüchtlinge und Migranten suchten Netzwerke, um sich zu integrieren, hielt Lipsch dagegen. 60 Prozent von ihnen stießen auf einen Arbeitsplatz über ihre Gemeinschaften, viel weniger als über die Jobcenter. Menschen in Orte ohne Netzwerk zu zwingen, fördere nicht die Integration. Stattdessen sollte der Staat die ländlichen Räume mit Angeboten attraktiv machen und so Anreize setzen.

Kritik an 80-Cent-Jobs

Auch das Vorhaben, 100.000 80-Cent-Jobs für Flüchtlinge zu schaffen, hielt Lipsch für kontraproduktiv. Die Jobs seien eher geeignet, Flüchtlinge mit Billigarbeiten vom regulären Arbeitsmarkt fernzuhalten, sagte er. Statt die Flüchtlinge zu „parken“ sei es sinnvoll, ihnen früh einen Zugang zur regulären Arbeitsförderung und zum Arbeitsmarkt zu verschaffen. Die Aussetzung der Vorrangprüfung durch Arbeitgeber auf drei Jahre sei hilfreich, besser wäre aber ihre Abschaffung.

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