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Interview mit Anne und Nikolaus Schneider

„Für uns sind Beziehungen das Wichtigste im Leben“

EKDNikolaus Schneider, Vorsitzender des Rates der EKD

Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider besucht Anfang Juli das Frankfurter Bibelmuseum. Im Gepäck wird er auch sein neues Buch „Vertrauen. Was in unsicheren Zeiten wirklich trägt“ haben, das er gemeinsam mit seiner Frau Anne verfasst hat. Erika von Bassewitz hat beiden Autoren vorab einige Fragen gestellt.

adeoVertrauen von Anne und Nikolaus Schneider

Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider besucht Anfang Juli das Frankfurter Bibelmuseum. Im Gepäck wird er auch sein neues Buch „Vertrauen. Was in unsicheren Zeiten wirklich trägt“ haben, das er gemeinsam mit seiner Frau Anne verfasst hat. Erika von Bassewitz hat beiden Autoren vorab einige Fragen gestellt.

Ihr Buch „Vertrauen“ ist dialogisch aufgebaut, Sie fragen und antworten einander, zum Teil in langen Textpassagen und mit Zitaten anderer Autoren. Was hat Sie dazu veranlasst, diese Form zu wählen?

Nikolaus Schneider: Für uns beide sind Beziehungen das Wichtigste im Leben, weil vertrauensvolle und liebevolle Beziehungen unser Leben mit Sinn und mit Glück erfüllen. Solche Beziehungen aber brauchen das Gespräch und den Diskurs, um Beziehungspartner teilhaben zu lassen am eigenen Denken, Fühlen und Entscheiden. Und auch um eigene „enge Grenzen“ dabei von anderen aufbrechen zu lassen. Auch unser theologisches Denken und Reden wird durch den Dialog miteinander – wie auch durch Gespräche mit anderen Menschen – angeregt und inspiriert.

Anne Schneider: Zudem soll die dialogischen Form des Buches deutlich machen, dass es für uns im Glauben und im Gottvertrauen nicht um ein Für-Wahr-Halten von dogmatischen Setzungen und Richtigkeiten geht, sondern um jeweils konkrete und kontextuelle Lebensbindungen an Gottes lebendiges Wort.

Zu Beginn, am Ende und auch in den einzelnen Kapiteln gehen Sie immer wieder auf den Tod Ihrer Tochter Meike ein, die 2005 im Alter von nur 22 Jahren an Leukämie gestorben ist. Warum verknüpfen Sie dieses tragische (und sehr persönliche) Erlebnis so sehr mit dem Thema „Vertrauen“?

Nikolaus Schneider: Uns geht es in unserem Vertrauensbuch ja nicht um eine Zusammenstellung wissenschaftlich-theoretischer Gedanken zum Vertrauensbegriff. Wir wollten vielmehr von eigenen Vertrauens-Erfahrungen – zu denen auch Vertrauenskrisen und enttäuschtes Vertrauen gehören – erzählen, um gerade dadurch Menschen einzuladen und zu ermutigen, selbst in unsicheren Zeiten und in Lebenskrisen immer wieder neues Vertrauen zu wagen. So wenig wir dabei unsere Vertrauens-Erfahrungen von unserem persönlichen Gottesglauben trennen konnten, so wenig ließen sie sich von unserem Erleben und Erleiden des Sterbens unserer Tochter Meike isolieren. 

Wenn man Ihr Buch liest, erscheinen einem der Glaube an Gott und die Fähigkeit zu vertrauen eng verknüpft. Was raten Sie Menschen, denen das eine, das andere oder sogar beides fehlt?

Nikolaus Schneider: Unser Buch ist keine „Ratgeber-Lektüre“ im engeren Sinn. Also Leser und Leserinnen finden darin keine allgemeingültigen Rezepte, wie sie zu neuem Gottvertrauen, neuem Menschenvertrauen oder sogar zu beidem kommen.

Anne Schneider: Wir wollen und können nur dazu einladen und Mut machen, auch im Leiden und auch nach Enttäuschungen die Hoffnung nicht aufzugeben. Also Herz und Verstand zu öffnen für neue Begegnungen und Erfahrungen mit Menschen und mit Gott.

In Ihrem Buch finden sich viele Forderungen an Politiker und an Banker, sich verantwortungsvoll zu verhalten und das ihnen vom Wähler geschenkte Vertrauen nicht zu enttäuschen. Welche grundlegenden Verhaltensweisen würden Sie sich denn von Max und Maria Mustermann im Berufsalltag wünschen?

Anne Schneider: Eigentlich genau dieselben Verhaltensweisen, die wir uns auch von Politikern und Bankern wünschen: Sie sollen sich als „Gemeinschaftswesen“ verstehen und sich deshalb nicht allein für die Erfüllung ihrer je eigenen Bedürfnisse einsetzen und verantwortlich fühlen.

Nikolaus Schneider: Sie sollen Selbstbewusstsein nicht mit Selbstgerechtigkeit verwechseln und deshalb bereit sein, für eigene Fehler um Verzeihung zu bitten und anderen ihre Fehler zu verzeihen. Und sie sollen auch in ihrem Berufsalltag ihr Herz und ihren Verstand zusammenhalten, wenn sie Vertrauen wagen.

Was wünschen Sie sich, welche Wirkung sollte Ihr Buch auf Ihre Leser haben?

Nikolaus Schneider: Neben den schon bei den Antworten zu den vorhergehenden Fragen beschrieben Wirkungsabsichten soll es schon auch ein „christlich-missionarisches“ Buch sein: Wir haben in all den Höhen und Tiefen unseres Lebens erfahren, dass der Glaube an Gottes Gegenwart Menschen die Kraft zu einem „Dennoch-Vertrauen“ schenken kann. Der Grund dieses widerständigen und sich regenerierenden Vertrauens liegt für uns im Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus Christus. Deshalb möchten wir mit diesem Buch Leser und Leserinnen auch dazu einladen, immer wieder neu das Antlitz und den Willen Gottes in den Texten der Bibel zu suchen.

Zu guter Letzt noch eine persönliche Frage zum Klappentext („Nikolaus Schneider ist seit 2010 EKD-Ratsvorsitzender. Seine Frau Anne unterstützt ihn bei seinen zahlreichen Aufgaben und hat mit ihm bereits drei Bücher verfasst“), der mich als junge, berufstätige Frau sehr erstaunt hat: Sie beschäftigen sich eingehend mit dem Thema Gleichberechtigung und distanzieren sich klar von den traditionellen Rollenbildern. Frau Schneider ist genau wie Herr Schneider Akademikerin und berufstätig. Wieso haben Sie sich für diesen Klappentext entschieden?

Anne Schneider: Ihre persönliche Frage trifft einen „wunden Punkt“ meiner Lebensgestaltung und meines Selbstverständnisses seit Februar 2011, als meine aktive Berufstätigkeit als Lehrerin endete und meine Freistellungsphase der Altersteilzeit begann. Bis dahin hatte ich fast 40 Jahre lang drei Lebensbereiche, auf die ich meine Zeit und Energie aufteilte: Schule – Familie und Freunde – Kirche.
Mein kirchliches Engagement war aber schon damals wesentlich  dadurch geprägt, dass ich mit meinem Mann zusammen Theologie „trieb“ und kirchliches Leben gestaltete. Das machte mir sehr viel Freude und bereicherte mich, unsere Ehebeziehung und durchaus auch meinen schulischen Alltag. Und das führte jetzt – wo ich bereits „berufsfrei“ und mein Mann noch in einem berufsähnlichen Ehrenamt stark eingebunden ist – dazu, dass meine Haupttätigkeit darin besteht, „ihn bei seinen zahlreichen Aufgaben zu unterstützen“.
Ich habe in den vergangen zwei Jahren durchaus gemerkt, dass es mir nicht leicht fällt, wenn unser gemeinsames Leben so wesentlich von seinen Aufgaben und von seinem Terminkalender bestimmt wird. Ich könnte mir sicher auch ein eigenes Ehrenamt suchen und habe darüber auch gelegentlich nachgedacht. Aber wie schon in der Antwort zu Ihrer ersten Frage beschrieben, sind Beziehungen einfach das Wichtigste in meinem Leben. Und unter allen mir wichtigen Beziehungen ist es dann die Beziehung zu meinem Mann, die für mein Leben am Glücks-entscheidensten ist.

Vielen Dank für das Interview.

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