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Kirchenasyl

Kirchenasyl nach drei Monaten Dauergottesdienst beendet

ProtestantsekerkdenhaagDie 21-jährige Studentin Hayarpi Tamrazyan in der Kirche, in der sie vor einer Abschiebung nach Armenien geschützt wurdeDie 21-jährige Studentin Hayarpi Tamrazyan in der Kirche, in der sie vor einer Abschiebung nach Armenien geschützt wurde

Drei Monate lang haben mehrere hundert Geistliche im Wechsel einen Dauergottesdienst abgehalten, damit eine armenische Familie nicht abgeschoben wird. Jetzt darf sie in den Niederlanden bleiben.

Peter Wassing/protestantsekerkdenhaag3 Monate waren die Tamrazyan-Geschwister mit ihren Eltern in einer evangelischen Kirche in Den Haag, während ein Dauergottesdienst zu ihrem Schutz abgehalten wurde. Jetzt dürfen sie in den Niederlanden bleiben3 Monate waren die Tamrazyan-Geschwister mit ihren Eltern in einer evangelischen Kirche in Den Haag, während ein Dauergottesdienst zu ihrem Schutz abgehalten wurde. Jetzt dürfen sie in den Niederlanden bleiben

Die armenische Familie Tamrazyan darf nach gut drei Monaten im Kirchenasyl in den Niederlanden bleiben. Seit dem 26. Oktober fand in der protestantischen Bethel-Gemeinde Den Haag ein Dauergottesdienst statt, um die Familie vor der Abschiebung zu schützen und ein Bleiberecht für sie zu erwirken. 

Nach niederländischem Gesetz darf die Polizei nicht in Räume eindringen, in denen gerade Gottesdienst gefeiert wird. Aus den ganzen Niederlanden und aus anderen Ländern, auch aus Deutschland, reisten deshalb laut Spiegel mehr als 600 Geistliche an, um Gottesdienstschichten zu übernehmen.

Niederländisches „Kinderpardon“ angewendet

Die positive Wendung geht auf eine Änderung der Regelung des sog. „Kinderpardons“ zurück, nach der Kinder, die in den Niederlanden geboren wurden, Anspruch auf Bleiberecht haben. Die armenischen Eltern und ihre drei Kinder zwischen 15 und 21 Jahren hatten bereits neun Jahre in den Niederlanden gelebt und fallen unter dieses Gesetz. 

Die Kirche hatte in den letzten Monaten immer wieder betont, dass das „Kinderpardon“ nicht angemessen angewendet würde. Durch die jetzige Neuregelung werden auch rund 600 weitere Kinder und ihre Familien Bleiberecht erhalten.

„Großer Respekt“ vor Engagement von „vielen Gemeinden unterschiedlichster Konfessionen und sogar Religionen“

„Wir freuen uns riesig mit der Familie Tamrazyan und hoffen, dass sie nun zur Ruhe kommen können“, erklärt Dietlind Jochims, Vorsitzende der deutschen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche. „Unser großer Respekt gilt den vielen Gemeinden unterschiedlichster Konfessionen und sogar Religionen, die in den letzten Monaten stundenweise den Staffelstab dieses Marathon-Gottesdienstes übernommen haben.“ 

„Es braucht wache Kirchen und Bürger“

 „Das Kirchenasyl aus Den Haag zeigt eindrücklich, wie verantwortliche Politiker und Behörden ins Nachdenken kommen können und im Sinne der Betroffenen gute Lösungen gefunden werden können, wenn wir als Kirchen in Ausnahmesituationen Schutz gewähren“, so Jochims. „Die Instrumente zum Schutz von Menschenrechten sind gesetzlich verankert. Es braucht wache Kirchen und Bürger, um auch deren Umsetzung zu gewährleisten. Am Kirchenasyl wächst unser Rechtsstaat, aber auch wir alle als Menschen.“

Kirchenasyl in Deutschland

Es gibt kein Recht auf Kirchenasyl in Deutschland, sondern vielmehr eine Tradition, nach der die Kirche als Schutzraum gilt. Zudem gilt nach Art. 4 des Grundgesetzes, dass die „ungestörte Religionsausübung gewährleistet“ werden muss. 

Kirchenasyl ist kein Asyl im rechtlichen Sinne, sondern wird oft Einzelpersonen oder Familien gewährt, um eine nochmalige Prüfung ihres abgelehnten Asylantrags zu ermöglichen.

Die Evangelische Kirche im Rheinland, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau sowie die Evangelische Kirche der Pfalz haben im Herbst 2018 eine Stellungnahme zum Kirchenasyl veröffentlicht. Darin steht: „Grundsätzlich ist Kirchenasyl stets ultima ratio. Es wird von Kirchengemeinden verantwortungsvoll und nach sehr sorgfältiger Prüfung im Einzelfall gewährt, um schwerwiegende humanitäre Härten und drohende Verletzungen von elementaren Grund- und Menschenrechten abzuwenden. Gemessen an der Anzahl der Asylverfahren und der Vielzahl der Anfragen nach Kirchenasyl, die die Gemeinden täglich erreichen, ist die Zahl der derzeit tatsächlich gewährten Kirchenasyle äußerst gering. Das macht deutlich, dass die Kirchengemeinden keinesfalls leichtfertig Kirchenasyl gewähren, sondern gewissenhaft prüfen und beraten.“

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