Menümobile menu

DGB fordert

Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt verbessern!

pixabay/jahcordovaBeschäftigte aus Asylherkunftsländern arbeiten hauptsächlich im Gastgewerbe, zu 40 Prozent sind sie ausschließlich geringfügig beschäftigt.

Migrant*innen und Geflüchtete unterliegen auf dem Arbeitsmarkt hohen Risiken. Niedrige Bezahlung, eine Beschäftigung unterhalb ihrer Qualifikation, immer wieder drohende Arbeitslosigkeit, oft auch Ausbeutung und Diskriminierung sind für sie Alltag. Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen die Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärfen und fordert Nachbesserungen.

In der Juli Ausgabe von arbeitsmarktaktuell kommt der DGB zu folgenden Ergebnissen:

  • Die Beschäftigungsquoten von Geflüchteten steigen stetig. Mehr als ein Drittel der Geflüchteten, die seit 2015 in Deutschland leben, ist abhängig beschäftigt. Die Erwerbstätigkeitsquoten von Frauen bleiben allerdings weiterhin deutlich hinter denen der Männer.
  • Die mittleren Bruttomonatsverdienste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Vollzeit aus Asylherkunftsländern sind um ca. 43 Prozent niedriger als die aller abhängig Beschäftigten in Vollzeit. Es besteht die Gefahr, dass Geflüchtete auf Dauer in gering entlohnten, niedrig qualifizierten Bereichen beschäftigt werden, mit gravierenden Konsequenzen auf ihre Teilhabemöglichkeiten, Integrationsbemühungen sowie den allgemeinen sozialen Zusammenhalt.
  • Die Hauptwirtschaftszweige, in denen Beschäftigte aus Asylherkunftsländern arbeiten, sind: Gastgewerbe (mit einem 40 Prozent Anteil von ausschließlich geringfügig Beschäftigten), Handel bzw. Reparatur und Instandhaltung von Kfz sowie Leiharbeit. Der größte Anteil sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung sowie die meisten Abgänge aus der Arbeitslosigkeit entfallen auf die Leiharbeit.
  • 48 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus Asylherkunftsländern üben eine Tätigkeit im Helfer-Bereich aus, im Vergleich zu 15 Prozent bei der Gesamtbevölkerung. Dabei führen 81 Prozent derer, die eine Spezialisten- oder Expertenqualifikation haben, und 45 Prozent derer mit einer Fachqualifikation eine Beschäftigung unter ihrem Qualifikationsniveau aus.
  • Geflüchtete, die eine Arbeitsmarktberatung oder eine arbeitsmarktbezogene Maßnahme durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) erfahren bzw. einen Sprachkurs/Sprachprogramm abgeschlossen haben, weisen höhere Erwerbstätigkeitsquoten auf als solche, die nicht daran teilnehmen. Da allerdings nur ca. 12 Prozent der Geflüchteten an einer flüchtlingsspezifischen Maßnahme der BA teilgenommen haben, besteht hier noch erheblicher Handlungsbedarf.

Der DGB kritisiert die am 07.06.2019 als sog. „Migrationspaket“ vom Bundestag beschlossenen Gesetze, die Geflüchtete betreffen. Teilweise einzeln aber hauptsächlich in ihrer Wechselwirkung entfalten sie katastrophale Folgen für die Integration von Geflüchteten in Arbeitsmarkt und Gesellschaft.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert:

  • Aufstiegsmobilität durcheine aktive Arbeitsmarktpolitik organisieren: Geflüchtete vor langfristigem Verbleib im Niedriglohnsektor schützen durch Qualifizierung, Ausbildung, Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und bedarfsgerechte Berufsberatung und Arbeitsmarktvermittlung.
  • Zugang zu Berufsausbildung und vor allem zu Unterstützungs- und Betreuungsangeboten (z.B. Ausbildungsbegleitende Hilfen, assistierte Ausbildung sowie bei Bedarf sozialpädagogische Betreuung) im Rahmen der Berufsausbildung verbessern und unabhängig von der Bleibeperspektive ausgestalten. Durch die Aufnahme einer Ausbildung sollte sich langfristig eine dauerhafte Bleibeperspektive eröffnen.
  • Schaffung einer sicheren Bleibeperspektive über eine Aufenthaltserlaubnis für Geflüchtete, die eine Ausbildung oder ein Hochschulstudium aufnehmen bzw. anschließend einen Arbeitsplatz suchen oder einer qualifizierten Beschäftigung nachgehen.
  • Steigerung der Teilnahme an arbeitsmarktbezogenen Programmen der Bundesagentur für Arbeit, an Integrationskursen und berufsbezogenen Deutschkursen sowie Sicherung der Qualität der Sprachkurse.
  • Zielgruppenspezifische Förderung von Frauen und Familien hinsichtlich des Zugangs zum Arbeitsmarkt durch Beratung und Begleitung, gepaart mit einem breiteren Angebot an Kinderbetreuungsmöglichkeiten.
  • Informationen über Möglichkeiten der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen so ausgestalten, dass sie mehr Menschen erreichen. Bessere Dokumentation und Anerkennung informell erworbener Kompetenzen durch den Ausbau von Validierungsverfahren.
  • Schutz vor Arbeitsausbeutung durch öffentliche Förderung von flächendeckenden Beratungsangeboten, Verbesserung der Kontrollen von Arbeitsmarktbedingungen und Aufhebung der aufenthaltsrechtlichen Abhängigkeit von einem einzigen Arbeitgeber.
  • Beschäftigungsverbote dürfen nicht länger als legitimes Instrument der Migrationssteuerung verwendet werden. Ihre negativen Folgen für die individuelle Gesundheit und Selbstbestimmung sowie auf den Arbeitsmarkt als Ganzes sind verheerend.

In den Vorbemerkungen der Juli Ausgabe von arbeitsmarktaktuell heißt es:

Debatten um die Steuerung und erfolgreiche Begrenzung der humanitären Migration prägen den aktuellen öffentlichen und parlamentarischen Diskurs über Geflüchtete und drohen bisherige Fortschritte bei der Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft rückgängig zu machen. Anstatt auf die existierenden Erkenntnisse aufzubauen und verstärkt Maßnahmen zu fördern, die einer schnellen und potentialgerechten Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten dienen, gibt die von der Bundesregierung diesbezüglich eingeschlagene Richtung Grund zur Sorge.

Mit Ausnahme des „Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetzes“ enthalten die am 07.06.2019 durch den Bundestag beschlossenen Gesetze des sog. „Migrationspakets“ gerade in für den DGB entscheidenden Aspekten wie der Zugang von Geflüchteten zu Arbeit und Ausbildung, die Schaffung von Rechtssicherheit sowie die Vermeidung von Arbeitsausbeutung, überwiegend Verschlechterungen. Alarmierend sind vor allem die neu eingeführten Beschäftigungsverbote für große Gruppen von Geflüchteten und die vorgesehenen Kürzungen (in manchen Fällen bis auf null) des schon jetzt unter dem Hartz-IV-Satz liegenden Regelbedarfes nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.1 Verglichen mit dem scheinbar übergeordneten Ziel der Abschreckung weiterer Schutzsuchender, fallen sowohl menschenrechtliche Standards wie die Sicherung eines lebensnotwendigen Existenzmini-mums oder das Recht auf Arbeit als auch klare Bedarfe des Arbeitsmarktes zweitrangig aus.

Der DGB lehnt diese Priorisierung streng ab und spricht sich, im Einklang mit dem Bundes-verfassungsgericht, gegen jegliche migrationspolitische Relativierung der Menschenwürde aus sowie für die gleichberechtigte Teilhabe von Geflüchteten an Arbeitsmarkt und Gesellschaft. Trotz der bisher ernüchternden Bilanz des Gesetzgebers soll also im Folgenden ein vertiefter Blick darauf gerichtet werden, wie Geflüchtete auf dem Arbeitsmarkt angekom-men sind um daraus, in einem neuen Anlauf, arbeitsmarktpolitische Handlungsbedarfe und Forderungen abzuleiten.

Aktuelle Daten der Bundesagentur für Arbeit, im Zusammenspiel mit der repräsentativen IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten3 liefern umfassende quantitative Erkenntnisse hierzu. Darüber hinaus vervollständigen Erfahrungen von gewerkschaftlichen und gewerkschaftsnahen Beratungsstellen für Geflüchtete hinsichtlich ihrer Rechte auf dem Arbeitsmarkt dieses Bild mit qualitativen Beispielen aus ihrer direkten praktischen Arbeit.

Diese Seite:Download PDFDrucken

to top