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Kritik an Aufnahmestruktur

Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist unzureichend

Itstock:linephoto

Der gegenwärtig vorgeschriebene gesetzliche Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen wird vielfach nicht umgesetzt, ein großer Teil der geflüchteten Kinder und Jugendlichen wird nicht entsprechend gesetzlicher Standards versorgt und betreut. Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Online-Umfrage des Bundesfachverbands unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF), an der 1.400 Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe teilgenommen haben.

Um die tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes zur vorläufigen Inobhutnahme und Umverteilung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu erfassen, hat der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) eine bundesweite Online-Umfrage durchgeführt, an der 1.400 Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe teilgenommen haben. Abgefragt wurden u.a. Informationen und Einschätzungen zur Situation der Minderjährigen im Verteilverfahren sowie während der vorläufigen Inobhutnahme (vorl. IO) nach § 42a SGB VIII, der regulären Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII (IO) und in den Anschlussmaßnahmen nach §§27 ff SGB VIII. Neben der Erhebung von quantitativen Merkmalen wurden auch qualitative Einschätzungen abgefragt.

Die Ergebnisse machen die teilweise hoch defizitäre Aufnahmestruktur für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland deutlich: „Viele der geflüchteten Kinder und Jugendlichen können ihr Recht auf Bildung, Teilhabe und Beteiligung nicht ausüben. Die Stationen und Verfahren zur vorläufigen Inobhutnahme, Verteilung, regulären Inobhutnahme und zur Bestellung eines Vormundes dauern länger als gesetzlich vorgesehen und vielerorts werden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge lediglich notversorgt, da es an der erforderlichen Infrastruktur in der Jugendhilfe fehlt. Viele tausend unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden volljährig, ohne dass weiterführende Hilfen eingeleitet, ein Asylantrag gestellt oder die Schule besucht wurde. In der Praxis gibt es viele Geschichten des Scheiterns, weil Hilfe und Unterstützung nicht dort ankommen wo sie gebraucht werden, Minderjährige mehrfach verteilt werden und/oder Fachkräfte keine Kapazitäten haben, sich um individuelle Probleme zu kümmern.“

Die Umfrage zeigt, dass die „jugendhilferechtliche Zuständigkeit“ sehr heterogene Unterbringungs- und Versorgungsstrukturen beinhaltet, welche oftmals nicht den Standards der Jugendhilfe entsprechen. So seien viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge u.a. in Gemeinschaftsunterkünften, Notunterkünften, Hotels, Hostels und Zelten oder bei nicht sorgeberechtigten Verwandten ohne Gewährung von Hilfen zur Erziehung untergebracht.

Zum Zeitpunkt der Umfrage befanden sich etwa 69.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und junge volljährige Geflüchtete in „jugendhilferechtlicher Zuständigkeit“. Mehr als 35.000 junge Geflüchtete zählten zu der Gruppe der vor Inkrafttreten des Gesetzes am 01.11.2015 Eingereisten. Diese befinden sich im „Altverfahren nach § 89d SGB VIII“, welche Hilfen Letztere erhielten, ist nicht bekannt. Von der Gruppe der seit dem 01.11.2015 Eingereisten befanden sich über 20.000 junge Geflüchtete in der vorläufigen oder regulären Inobhutnahme und lediglich etwa 4.500 Minderjährige in Anschlussmaßnahmen der Jugendhilfe bzw. über 8.300 in Hilfen für junge Volljährige.

 

Die Aufnahmesituation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in Deutschland - Erste Evaluation zur Umsetzung des Umverteilungsgesetzes

 

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